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Wege im Nebel

Bei jedem Schritt spüre ich,

wie der Boden unter meinen Füßen ein wenig nachgibt.

Und mehr als ich es zu hören vermag,

ahne ich das leise Knirschen

dieser nur scheinbar festen Fläche,

auf der ich mich bewege...

 

Langsam und vorsichtig suche ich meinen Weg.

Schritt für Schritt,

das Gewicht nicht schnell verlagernd,

mehr vorwärts schiebend als gehend.

Unter mir die Eisdecke,

gerade fest genug, mich zu tragen.

 

Doch wie lange noch?

Jeder Schritt ein Schritt ins Ungewisse -

doch ich wage es nicht, stehenzubleiben,

das Knistern im Eis treibt mich voran.

 

Wohin aber führt mein Weg?

Folge ich noch der richtigen Richtung?

 

Um mich herum ist dichter Nebel -

feucht und kalt greift er nach mir,

durchdringt langsam aber unaufhaltsam

die schützenden Kleider.

 

Wohin ich blicke, nur weiße, wirbelnde Schwaden,

die Welt irgendwo dahinter,

in unendlich weiter Ferne.

 

Manchmal möchte ich zurück,

doch hinter mir liegt das gleiche trostlose Bild -

eine Wand aus Schweigen,

die träge über trügerisch festem Boden schwebt.

 

Ein Schritt zurück birgt die gleiche Gefahr,

wie einer voran.

Und ohne die Sicht auf das Ufer,

wie sollte ich den Ausgangspunkt meiner Wanderung finden?

 

Wo ich herkomme, -

ich weiß es nicht mehr so genau.

Ich ging von dort aus los,

weil mich nichts mehr hielt -

wozu also der Versuch,

dorthin zurück zu gelangen?

So wie es einst dort war,

so wird es nie wieder werden.

Doch als ich aufbrach,

da konnte ich das andere Ufer noch klar erkennen.

Ich wußte mein Weg würde lang und gefährlich,

doch ich glaubte, ein Ziel zu haben...

 

Nun dehnt sich um mich unendliche Weite,

der Blick verliert sich in Wolken von weiß.

Hilflosigkeit will mich erfassen

und legt sich schwer auf die Glieder.

 

Der Wunsch aufzugeben wird wach,

und fordert leise und zäh seinen Tribut.

 

Es wäre so einfach,

jetzt stehenzubleiben,

sich sinken lassen in die eintönige Umwelt,

eins werden mit dem fahlen Licht des Nebels.

Nie würde es leichter sein im Nichts zu verschwinden,

als hier in der kalten Ewigkeit trostlosen Eises.

 

Doch eine Stimme im Herzen treibt mich voran!

Was wäre gewonnen,

wenn ich jetzt stehenbliebe?

 

Lang und beschwerlich war der Weg bisher.

Trostlos und bitter meine Gedanken.

Das „Woher“ birgt keine Hoffnung,

keine Linderung für Kälte und Schmerz.

Das „Wohin“ -

nur noch vage und verschwommen,

sich verändernd mit jedem Tropfen Zeit, der verrinnt.

 

Wozu weitergehen?

Lang noch ist die Strecke

und ungewiß, wann sich die Nebel lichten.

 

Und wenn sie es tun, -

worauf eröffnen sie den Blick?

Wird es sich lohnen?

Ist das Ziel der Mühe wert?

 

Zermürbend die Fragen,

lähmend die Ungewißheit.

Übermächtig wird der Wunsch aufzugeben,

verlockend die Vorstellung einer endgültigen Lösung ...

 

... doch das Flüstern in den tiefsten Gründen der Seele

gibt nicht auf, schweigt einfach nicht!

 

Es malt Bilder,

die sich vor das innere Auge schieben,

die aus Nebelschwaden Wolkenschlösser bauen,

kurze Momente eines allumfassenden Glücks zeichnen.

Einer tiefen, reinen Freude, die in wenigen Sekunden

ganze Ewigkeiten von Zweifeln und Qualen aufzuwiegen vermag...

 

Bilder, von denen eine Wärme ausgeht,

deren sanfte Macht Berge von Eis

zu warmen Fluten wandelt,

in denen alle Trauer davongespült wird.

 

Für Augenblicke dieser köstlichen Erfüllung

scheinen endlose Wege durch Verzweiflung und Angst

wie der Pflug, der den Boden bereitet, für das Korn,

aus dem köstliche Felder wogender Fülle erwachsen.

 

Und frierend setze ich den nächsten Schritt ins Ungewisse, -

meine Reise ist noch nicht vorbei ...

 

 

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